BPI ruft Politik zum Handeln auf

Auf der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) ging es um die Zukunft der mittelständisch geprägten rund 270 Mitgliedsunternehmen und ihrer gut 80.000 Beschäftigten. Der Vorstandvorsitzende Dr. Hans-Georg Feldmeier (im Hauptberuf Vorstand der Dermapharm AG) machte sich dabei das Wort von Bundeskanzler Olaf Scholz zu eigen und betonte auch für die deutsche Pharmabranche eine "Zeitenwende".

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Schon vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe die pharmazeutische Industrie unter gestörten Lieferketten und stark steigenden Kosten gelitten. Und obwohl diese Branche wesentliche Anteile an der Bewältigung der Corona-Pandemie hätte, sei die kurze Aufmerksamkeit der Politik nun wieder verflogen und die Rituale der Kosten-Diskussion träten wieder in den Vordergrund. Dabei verschärfe die Energiekrise mit all ihren Folgen die Situation für die deutschen Pharmazieunternehmen laut BPI "aktuell dramatisch". Im August und September 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt die höchsten Anstiege der Erzeugerpreise gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 gemessen. Die gestiegenen Kosten für die Produktion von Arzneimitteln könne die pharmazeutische Industrie allerdings wegen Rabattverträgen, Preismoratorium, Erstattungs- und Festbeträgen nicht wie andere Branchen über Preisanpassungen kompensieren.

„Es ist fünf vor zwölf", sagte Dr. Hans-Georg Feldmeier, BPI-Vorsitzender. "Genau jetzt werden die Weichen für die Zukunft und den Wohlstand Deutschlands gestellt. Wenn wir nicht handeln, gefährden wir eine sichere Arzneimittelversorgung. Unsere Mitgliedsunternehmen berichten vermehrt, dass sie ihre Portfolios überprüfen und unwirtschaftliche Produkte bereinigen müssen. Diese Entwicklungen können zu akuten Lieferengpässen führen. Schlimmstenfalls drohen Versorgungsengpässe für die Patienten. Um dies zu verhindern, bedarf es einer flexiblen und an der aktuellen Inflation orientierten Möglichkeit, die Preise anzupassen. Versorgungsrelevante Arzneimittel müssen von Preisregulierungen wie dem Preisstopp und den Festbeträgen ausgenommen werden.“

Besonders ging es dem BPI-Vorsitzenden um ein Geraderücken des in seinen Augen völlig falsch begründeten GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, mit dem sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach Kritik von allen Akteuren eingefangen habe. Die Grundannahme, dass steigende Arzneimittelkosten die Stabilität der GKV gefährde, sei "faktisch falsch", so der BPI. Der prozentuale Anteil der Arzneimittelkosten sei über Jahre stabil bei rund 11% und könne daher nicht die treibende Kraft in der Kostensteigerung im Gesundheitswesen sein.

Dass derzeit jedoch eine starke Verschiebung der Arzneimittelkosten hin zu den Originalpräparaten stattzufinden scheint, wurde nicht diskutiert. So hatte erst kürzlich der "Arzneimittelkompass" einer Krankenkasse aufgezeigt, dass im Bereich der Originalpräparate bei Seltenen Erkrankungen die Kostensteigerung besonders stark sei und diese mittlerweile rund 60% des Umsatzvolumens aller Arzneimittel vereinnahmen, während deren Anteil an der Gesamtversorgung mit rund 20% der abgegebenen Einheiten wesentlich niedriger liegt.

Feldmaier verwies im Pressegespräch auf die bewusste Initiative von Politik und Industrie gerade für Seltene Erkrankungen mehr zu tun, und dass dies ein richtiger Schritt gewesen sei. Die Preisbildung für diese Therapien innerhalb des AMNOG sei der richtige Ort für die Festlegung der Erstattung. Dass gerade die neuerliche Entscheidung der FDA, eine Gentherapie zuzulassen, die nun als die "teuerste Therapie der Welt" mit rund 3,5 Mio. US-Dollar gelten kann (gegen Hämophilie B, von CSL Behring und Uniqure), die Kosten- und Preisdiskussion nur wieder anfachen werde, ließ er unkommentiert.

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